Vézelay – Der >erleuchtete Hügel<

Einen Höhepunkt der romanischen Kunst stellt die Wallfahrtskirche Ste-Madeleine, exponiert auf einer Hügelkuppe im nördlichen Morvan gelegen, mit ihren Skulpturen, ihrer Architektur und ihrer Lichtmystik dar. Es prägte sich der Begriff „la colline inspirée“, der erleuchtete Hügel. Außerdem gehört der Ort zu den schönsten Dörfern Frankreichs, „l´un des plus beaux villages de France“.

Bereits im 9. Jh. existierte am Fuße des Hügels ein Nonnenkloster, das von den Normannen zerstört wurde. Daraufhin verlegte man es auf den Hügel und besetzte es mit Mönchen. Zu der Zeit besaß es bereits die Reliquien der hl. Magdalena, die aus der Provence nach Burgund gebracht worden waren, um sie dem Zugriff der Araber zu entziehen. Sie war die Urgestalt der Bußfertigen, Vézelay war somit einer der wichtigsten Wallfahrtsorte des Abendlandes, aber gleichzeitig auch Ausgangspunkt der Via Lemovicnesis zum Jakobsgrab in Spanien. 1146 rief hier der hl Bernhard von Clairvaux zum zweiten Kreuzzug auf. Ebenso starteten von hier weitere Kreuzzüge, die alle in einem Debakel endeten. Der hl. Franz von Assisi gründete in Vézelay das erste Kloster seines Ordens auf französischem Boden.

Ende des 13. Jh. stürzte Vézelay in die Bedeutungslosigkeit, als nämlich dem französischen König im Traum mitgeteilt wurde, daß sich die echten Reliquien der hl. Madeleine noch immer in der Provence befänden. Die Wallffahrtsströme änderten sich.

1096 ersetzte man eine Kirche des 10. Jh. durch einen Neubau, der Chor konnte 1106 geweiht werden. Zwischen 1120 und 1140 errichtete man das basilikale Langhaus, im 12. Jh. die dreischiffige Narthexhalle. Der Chor musste im 12. Jh. nach einem Brand neu errichtet werden.

Die Westwand zeigt ein neoromanisches Portal, an der Südseite finden sich Reste eines zerstörten Kreuzganges. Auch wenn man im Chor noch rundbogige Fenster findet, daß er ein Bauwerk der Gotik ist, merkt man aber an der Anordnung der Kapellen. Im Gegensatz zur Romanik handelt es sich um Kranzkapellen.

Eine der Hauptsehenswürdigkeiten von Ste-Madeleine ist das Portal im Narthex. Über dem Mittelportal spannt sich ein Tympanon, das man seinen künstlerischen Ranges wegen in einem Atemzug mit denen von Autun und Moissac nennen kann. Wie in fast allen romanischen Tympana ist hier Christus als beherrschende Gestalt im Zentrum. Die Ikonographie hat das Thema Pfingsten zum Thema, die Häupter der Apostel empfangen den Geist in Form von Stegen, die von den ausgebreiteten Armen Christi ausgehen. Fortan waren sie befähigt in allen Sprachen der Erde zu den Völkern zu sprechen. Diese sind in Kassetten radial über dem Bogenfeld und im Architrav dargestellt. Man beachte die dargestellten Panotier, die übergroße Ohren haben, in die sie ihren ganzen Körper einhüllen konnten, oder die hundsköpfigen Menschen. So stellte man sich im Mittelalter die Inder vor.

Die Dreitürigkeit der Westseite ist im 12. Jh. ein Novum, findet aber bei den gotischen Kathedralen des 13. Jh. ihren Höhepunkt. Das Tympanon über dem rechten Portal zeigt Szenen aus der Kindheit Jesu, das über dem linken Emmausszenen und die Himmelfahrt.

Hinter der Portal erstreckt sich ein fast 70 m langer Raum. Die dreischiffige, zweigeschossige Basilika ist mit Kreuzgratgewölben überfangen. An das einschiffige Querhaus schließt sich der lichtdurchflutete Chor an. Auffallend ist, daß die Gurtbögen, die die Mittelschiffjoche trennen und wegen ihres Farbwechsels – rot und weiß – der Keilsteine an die islamische Architektur in Spanien erinnern, im Westen auffallend flach sind und erst im Osten ein echtes Halbrund beschreiben.

Beachtenswert ist ferner der Kapitellzyklus, der mit über 150 einen der größten in der europäischen Romanik darstellt.